Finanzinitiative Climate Cooling – Fragen an Hans-Josef Fell

Alle Welt redet von Klimaerwärmung, wir haben das voraussichtlich wärmste Jahr seit Wetteraufzeichnung. Warum ist „Climate Cooling“ denn so wichtig? Und profan gefragt: Ist „Climate Cooling“ dasselbe wie „Global Cooling“?

Ja natürlich, mit Globaler Abkühlung ist die weltweite Abkühlung des Klimas gemeint. Heute haben wir bereits eine Erderwärmung auf 0,8 Grad Celsius über der mittleren globalen Temperatur vor etwa 200 Jahren. Diese Erderwärmung hat schon dramatische Auswirkungen: die ersten pazifischen Inseln sind durch den Anstieg des Meerespiegels unbewohnbar geworden und durch das beschleunigte Gletscherschmelzen werden in den nächsten Jahrzehnten weite Küstengegenden unbewohnbar werden. Millionen von Flüchtlingsströmen sind zu erwarten. Die vorhergesagten Wetterextreme haben heute bereits unerträgliche Ausmaße angenommen. So hat vor einem Jahr ein noch nie dagewesener Taifun auf den Philippinen alleine 7.000 Tote verursacht und der Hurrikan Sandy über New York 100 Milliarden US Dollar Schaden verursacht.

Was wird auf der Erde erst los sein, wenn sich die Erdtemperatur auf 2 Grad Celsius aufgeheizt hat? Die Schreckensszenarien sind kaum auszumalen. Es ist unverantwortlich, die Erderwärmung erst bei 2 Grad zu stoppen.

Was beeinflusst die Erderwärmung?

Sehr viele Faktoren. Natürlich beeinflussen die Sonnenaktivitäten das Erdklima, wie auch minimale Änderungen der Erdumlaufbahn. In den letzten zweihundert Jahren hat der Mensch durch die Nutzung von Erdöl, Kohle und Erdgas, aber auch Landnutzungsänderungen, wie das Abholzen großer Waldflächen durch Klimagasemissionen das Klima entscheidend aufgeheizt. Die sich laufend erhöhenden Konzentrationen von Klimagasen in der Atmosphäre, vor allem Kohlendioxid, Methan, aber auch Lachgas und andere, sowie der Wasserdampf in der Atmosphäre beeinflussen erheblich den Strahlungshaushalt der Erde. Die Konzentration dieser Klimagase muss von heute etwa 400 ppm Kohlendioxidäquivalent wieder in Richtung des vorindustriellen Niveaus, also etwa 330 ppm gesenkt werden. Nur so haben wir eine Chance, die Erde wieder in einen Abkühlungsprozess zu bringen.

Können wir überhaupt noch eingreifen, was wäre konkret für eine Eindämmung der Erderwärmung zu tun? Von der Politik, der Wirtschaft, dem Einzelnen?

Wenn wir die Klimagasemissionen weltweit stoppen und gleichzeitig den überschüssigen Kohlenstoff aus der Atmosphäre holen, dann haben wir eine Chance die Erde abzukühlen. Eine Nullemissionswirtschaft, in deren Zentrum eine Vollversorgung mit 100% Erneuerbaren Energien steht, ist dafür ein Schlüssel, genauso wie eine Landwirtschaft, die mit weltweitem Humusaufbau den von Pflanzen eingefangenen Kohlenstoff sicher in oberen Bodenschichten deponiert. Daran kann und muss jeder einzelne persönlich arbeiten, mit seiner Energieumstellung oder dem Kauf von Biolebensmitteln. Die Politik muss den optimalen gesetzlichen Rahmen bilden, damit nicht wie bisher die Klimaschützer ökonomische Nachteile haben. Die Wirtschaft muss ihr Handeln von einer Erdölwirtschaft auf eine solare Wirtschaft umstellen.

„Geld bestimmt die Welt“ – der Finanzwirtschaft kommt doch dabei eine Schlüsselrolle zu. Inwiefern?

Das Geld fließt meist dorthin, wo Renditen zu erwirtschaften sind – heute leider immer noch in die fossile und atomare Energiewirtschaft, in Erdölautos und eine fossile Landwirtschaft. Dies muss umgedreht werden. Geld sollte nur noch verdient werden mit Maßnahmen, die dem Klimaschutz nicht schaden. Das heißt, Renditen mit Investitionen in Erneuerbare Energien und biologische Landwirtschaft zu erwirtschaften und nicht mit Mineraldünger erzeugten Lebensmitteln oder mit  Kohlekraftwerken. Es braucht also eine neue politische Rahmensetzung, die die Geldflüsse umsteuert. Erforderlich dafür ist der Subventionsabbau in der fossil-atomaren Wirtschaft, Steuererleichterungen für Klimaschutzfinanzierungen und eine Carbonsteuer. Mit dem EEG wurde aufgezeigt, dass die Finanzwirtschaft sehr wohl schnell umsteuern kann, wenn die Bedingungen stimmen. Diese Erfolgsgeschichte muss erweitert werden.

Glaubt man der aktuellen Politik, so sind Erneuerbare Energien zu teuer. Und ein gleichzeitiger Ausstieg / Umstieg von Atomkraft, Gas und Kohle auf Erneuerbare nicht machbar. Stimmt das, oder sind das eher wahlpolitische Aussagen? (Stichwort Arbeitsplätze in der Kohleindustrie z.B.)

Der Preisrutsch des letzten Jahrzehnts hat dazu geführt, dass heute Investitionen in Erneuerbare Energien kostengünstiger sind als in Kohle oder Kernkraftwerke. Nur hat sich das immer noch nicht in der Finanzwirtschaft und der herrschenden Politik rumgesprochen. Wir sehen ja in Deutschland, dass die neuen Kohle- und Erdgaskraftkraftwerke, die jetzt ans Netz gehen sollen, keine Renditen mehr erwirtschaften können, also vollkommene Fehlinvestitionen sind. Auch die beiden jüngsten Atomreaktorbauten sind nichts als Finanzdesaster, sie haben dem französischen Reaktorbauer bisher einen Verlust von 4 Mrd. Euro beschert, weshalb er jetzt vor dem Konkurs steht.

Was soll eine Finanzinitiative „Climate Cooling“ bewirken? Finanzierung einer Aufklärungskampagne für Klimaschutzmaßnahmen für die breite Bevölkerung und Unternehmen? Soll es eher um Fundraising gehen, oder um engagierte Mitstreiter in einer Initiative?

Eine Finanzinitiative Climate Cooling (FICC) hat verschiedene Aufgaben. Sie soll zum einen beitragen, dass Finanzierungen auch schon unter den heutigen unzulänglichen politischen Rahmenbedingungen ihren Weg in die Klimaschutzinvestitionen finden. Helfen kann dazu eine ehrliche Analyse verbunden mit Warnungen vor Kapitalvernichtung infolge des Investments in Kohle oder Atom. Die Schaffung wirklich nachhaltiger Investmentfonds ist eine wichtige Grundlage, um für den vielfach vorhandenen Anlegerwunsch nach nachhaltigen Finanzanlagen eine Grundlage zu bilden. FICC könnte dafür gute Zertifizierungen entwickeln und durchsetzen. FICC sollte aber vor allem die Kriterien und gesetzlichen Grundlagen formulieren und von der Politik einfordern, die benötigt werden, damit das private Kapital gewinnbringend in den Klimaschutz fließt.

Herr Fell, wir danken für das Gespräch.

Interview: Anette Rehm