Crowdinvesting, Genussrechte, Nachrangdarlehen & Co.: Was muss ich wissen?

© Storm / Fotolia

Es gibt Geldanlagen, bei denen schon allein der Klang des Namens Emotionen weckt. Bei Genussrechten sind es kulinarische Untertöne, bei Crowdinvesting schwingt so eine Mischung aus Grassroots-Bewegung und cooler Technologie mit. Verbraucherschützern sind diese Anlageformen ein Dorn im Auge. Zum einen, weil sie nicht von der BaFin kontrolliert werden, d.h. sie müssen in der Regel keinen Bafin-geprüften Verkaufsprospekt vorlegen. Zum anderen, weil bei ihnen das Risiko eines Teil- oder Totalverlusts höher ist als z.B. bei einlagengesicherten Bankprodukten.

Mit den Risiken umgehen lernen

Viele Anleger kennen diese Risiken inzwischen und nehmen sie bewusst in Kauf, weil ihnen die mit ihrem Kapital finanzierten Produkte, Unternehmen oder Entwicklungen wichtig sind. Sie vertrauen dem Gemüsehändler, der ein neues Gewächshaus finanzieren will. Aber sie zeichnen Beträge, deren Verlust sie im Ernstfall nicht in existenzielle Probleme bringt. Die Idee ist ja, dass viele Kunden gemeinsam einen überschaubaren Beitrag investieren, um damit ein Unternehmen mit einem sinnvollen und hoffentlich erfolgreichen Projekt zu finanzieren. Die Masse der Anleger sorgt dafür, dass die Finanzierung zustande kommt und das Risiko sich gleichzeitig auf viele Schultern verteilt.

Crowdinvesting: Ein Prinzip – viele Gesichter

Das Prinzip nennt sich Crowdinvesting und wird meist als Bezeichnung für Online-Plattformen wie Seedmatch oder Econeers verwendet, als Anlageform ist in Deutschland vor allem das partiarische Nachrangdarlehen üblich. Nach dem gleichen Prinzip, wenn auch offline, bieten viele Unternehmen zur Finanzierung Genussrechte und Genossenschaftsanteile an.

Wir haben im Folgenden die wichtigsten Formen vorgestellt. Wenn Sie Wert auf eine gewisse Sicherheit legen, sollten Sie bei jeder Beteiligung prüfen, wie das jeweilige Investment gestaltet ist. Faire und verantwortungsbewusste Anbieter beantworten Ihre Fragen offen und detailliert.

Checkliste – die wichtigsten Fragen in Punkto Sicherheit:

Welche Informationen werden mir im Verlauf der Investition übermittelt? (z.B. Einblicke in die Leistungsbilanz, Leistungsberichte)

  • Ist mir eine vorzeitige Kündbarkeit wichtig? Ist die Geldanlage vorzeitig kündbar?
  • Ist mir ein Mitspracherecht im Unternehmen wichtig? Sind Mitspracherechte bei dieser Anlageform vorgesehen?
  • Besteht im Fall einer wirtschaftlichen Schieflage eine Nachschusspflicht?
  • Ist mein Geld an einen bestimmten Verwendungszweck gebunden oder möchte ich dem Unternehmen die Entscheidung überlassen, wie das Kapital eingesetzt wird?
  • Ist es mir wichtig, dass mein Darlehen durch Vermögensgegenstände (z.B. einen Teil der Immobilie, ein Grundstück) gesichert ist? Im Fall einer Insolvenz steigt damit meine Chance, durch den Verkauf des Vermögensgegenstandes einen Teil meines Kapitals zurückzuerhalten.

Wenn Sie höhere Beträge investieren wollen und die Sicherheit Ihnen am Herzen liegt, sollten Sie die Risiken einer Anlage von einer professionellen Beratung prüfen lassen.

Einen sehr lesenswerten Beitrag über Crowdinvesting hat kürzlich Dr. Klaus Gabriel vom Investorennetzwerk CRIC veröffentlicht.

Wie funktionieren Genussrechte?

Genussrechte haben durch die Insolvenz eines einzigen großen Unternehmens (welches seine Anleger bewusst getäuscht und ausgenutzt hat)  massiv an Vertrauen verloren. Tatsächlich wird diese Form der Unternehmensfinanzierung vielerorts auf vertrauenswürdige und solide Weise eingesetzt. Man findet sie vor allem im Lebensmittelhandel oder in lokalen Erneuerbare-Energien-Projekten. In der Regel verleihen die Anleger dabei einen Geldbetrag für ein bis fünf Jahre und erhalten dafür neben ihrem Anlagebetrag eine Gewinnbeteiligung. Ob eine Beteiligung gezahlt werden kann, hängt jedoch davon ab, ob am Ende des Jahres ein ausreichender Jahresüberschuss vorhanden ist. Steht am Ende eine negative Bilanz, so müssen die Anleger mitunter den Verlust zu einem bestimmten Anteil mittragen. Ein Mitspracherecht wie bei Aktien oder Genossenschaftsanteilen haben sie dabei nicht.

Sie merken es schon: Die Unternehmen sind gegenüber den Investoren von Genussrechten tendenziell im Vorteil. Das muss aber nicht bedeuten, dass ein Unternehmen dieses Ungleichgewicht ausnutzt. Und letztlich haben Genussrechte eine wichtige Funktion für den Geldfluss von regionalen Wirtschaftskreisläufen, weil sie einfach und günstig eingesetzt werden können. So können sich auch Kleinstunternehmen weiterentwickeln, ohne auf einen Bankkredit angewiesen zu sein.

Regionale Investitionen in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion in Form von Genussrechten verbinden mehrere Vorteile für den Unternehmer und auch den Verbraucher, neben einer sinnvollen Investition ist das Genussrecht bei einer Naturalienverzinsung wörtlich zu nehmen – ein Recht auf verantwortungsvollen Genuss, der zudem regionale Strukturen stärkt. Darüber hinaus bekommt Geld eine soziale Qualität – es verbindet uns mit dem Landwirt, wir bekommen eine neue Beziehung zur Landwirtschaft und erfahren, dass wir konkret und vor Ort gestalten können.

Petra Wähning von der Genussgemeinschaft Städter und Bauern in München sagt dazu: „Auch die Bafin prüft ja nicht das wirtschaftliche Risiko einer Investition, sondern nur die Einhaltung der Formalien. Das wiederum sagt über das Risiko der Investition, wie auch die Prokon-Pleite zeigt, wenig aus. Investitionen in die Landwirtschaft sind bei Landbesitz kaum ein Risiko. Anders bei Neueinsteigern und Pächtern. Viele der Investoren geht es jedoch darum, sich aktiv mit einer Investition für eine ökologische, bäuerlichen Landwirtschaft stark zu machen. Im Vordergrund steht so mehr die Wirkung, die Beziehung zur Landwirtschaft, der Sinn und nicht zuletzt: der (verantwortungsvolle) Genuss!“

In unserem nächsten Beitrag informieren wir Sie über das partiarische Nachrangdarlehen. 

 

Das (partiarische) Nachrangdarlehen

Bekannt geworden ist diese Finanzierungsform durch das Crowdinvesting, bei dem viele Kleinanleger über ein Internetportal gemeinsam Projekte oder junge Unternehmen finanzieren. Sie werden aber auch von erfahrenen Unternehmen genutzt, die schon viele Jahre lang Öko-Kraftwerke, ökologische Bauprojekte und andere sinnvolle Projekte fördern.

Ein Darlehen ist meisten Anlegern ein Begriff, weil es dabei einfach um einen Leihvorgang geht: Die Geldgeber überlassen dem Unternehmen einen Festbetrag, den es nach Ablauf der vereinbarten Frist zurückzahlt. Dafür können sie ein Entgelt z.B. in Form eines Zinses verlangen. Wird stattdessen ein Anteil am Gewinn oder Umsatz als Entgelt vereinbart, spricht man von einem partiarischen (partiarisch = gewinnabhängig) Darlehen. Der Zusatz „Nachrang“ bedeutet, dass der Geldgeber im Fall einer Insolvenz erst nach den Forderungen anderer Geldgeber ausbezahlt wird, falls dann noch liquide Mittel vorhanden sind. Diese Bereitschaft wird im Regelfall mit einem höheren Zins als bei einem klassischen Darlehen honoriert. Es besteht kein Mitspracherecht des Anlegers / Darlehensgebers bei Unternehmensentscheidungen.

Nachrangdarlehen gelten unter Fachleuten als „unbesichertes Risikokapital“, d.h. der Anleger erhält für die Überlassung seines Kapitals keine Sicherung durch einen Vermögensgegenstand wie z.B. eine Immobilie oder eine Maschine. Das gilt übrigens auch für Genussrechte und Genussscheine.

Georg Hetz von UDI hat bereits viele Nachrangdarlehen aufgelegt: „Nachrangdarlehen sind nicht per definition gut oder schlecht, es kommt immer auf den Anbieter und den Inhalt an. Stehen solide Sachwerte dahinter, die im besten Fall auch noch verpfändet sind, sind die Unternehmenserträge gut abgesichert und plausibel, kann der Anleger von höheren Zinsen profitieren als bei einer reinen „Geldausleihung“ an eine Bank.“

 

Investieren in Genossenschaftsanteile

Genossenschaften sind eine beliebte Finanzierungsform für Banken, Landwirtschaft, Handel und in jüngster Zeit auch für Öko-Energie. Die Genossenschaft und die Mitgliedschaft gehören  dabei untrennbar zusammen. Ähnlich wie in einer Aktiengesellschaft besitzen die Mitglieder Mitsprache- und Informationsrechte. Damit unterscheiden sich Genossenschaftsanteile als Finanzierungsform ganz deutlich von Genussrechten und partiarischen Nachrangdarlehen. Neben den Mitgliedern ist der Genossenschaftsverband ein wichtiges Kontrollorgan, der über umfassende Prüfrechte verfügt.

Genossenschaften sind außerdem deutlich demokratischer und solidarischer gebaut als AGs, zumal sie keine Gewinnmaximierungsabsicht verfolgen dürfen. Das macht sie zu einem stimmigen Vehikel für die Finanzierung nachhaltiger Projekte und Entwicklungen.

Wer Genossenschaftsanteile zeichnet, erhält in der Regel das Versprechen auf eine jährliche Dividende. Ob und in welcher Höhe diese ausbezahlt wird, das entscheidet die Mitgliederversammlung. Die Kündigungsfrist für Genossenschaftsanteile liegt meist bei einem Jahr. Im Fall einer Insolvenz werden die Ansprüche der Mitglieder nachrangig behandelt. In manchen Fällen kann es auch sein, dass die Satzung eine Nachschusspflicht vorsieht.

„Genossenschaften bieten ein hohes Maß an Transparenz und Sicherheit. Jedoch kommt es auch hier, wie bei allen anderen Geldanlagen auch, auf die Wahl des richtigen Anbieters an, um mittel- und langfristig seine Ziele zu erreichen und keine bösen Überraschungen zu erleben,“ sagt Thomas Grimm, Fachberater für nachhaltige Investments.

Unsere Reihe Mit kleinen Beträgen Großes bewirken wird ständig erweitert. Wir sind an Ihren Erfahrungen mit diesen Anlageformen interessiert: redaktion@geldmitsinn.de